Knorpeltherapie an der Hüfte: Gibt es etwas Neues?
Knorpeltherapie an der Hüfte: Gibt es etwas Neues?
Die Knorpelchirurgie ist ein äusserst spannendes und wachsendes Gebiet in der Medizin. In der Hüftchirurgie gibt es einige neue Ansätze, die der Hüftspezialist PD Dr. Stefan Rahm in in diesem Artikel zusammenfasst.
Der Zugang zum Hüftgelenk, um intraartikuläre Chirurgie durchzuführen, ist aus anatomischer Sicht verständlicherweise deutlich schwieriger als zum Beispiel im Kniegelenk. Weiter kam hinzu, dass die Hüfttotalprothese bereits im letzten Jahrhundert äusserst zuverlässige kurz- und mittelfristige Ergebnisse lieferte und so die hüftgelenkserhaltende Chirurgie etwas vernachlässigt wurde.
Die chirurgischen Techniken, um gelenkserhaltende Hüftchirurgie durchzuführen, mussten zuerst entdeckt und etabliert werden, um überhaupt an Knorpelchirurgie an der Hüfte zu denken. Als dies möglich war, konnten die bereits etablierten Knorpelchirurgietechniken, die am Kniegelenk funktioniert hatten, auf das Hüftgelenk übertragen werden. Es werden nun die Ätiologien und Hüfterkrankungen, die zu Knorpelschäden führen, und im Anschluss die entsprechenden Knorpelchirurgietechniken vorgestellt.
PD Dr. med.
Stefan Rahm
Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates
PD Dr. Stefan Rahm ist seit vergangenem Jahr neuer Partner des Gelenkzentrums Zürich. Zuvor war er Leitender Arzt an der Universitätsklinik Balgrist in Zürich. Er operiert auch an den öffentlichen Spitälern Männedorf und Uster.
Femoroacetabuläres Impingement
Unter dem femoroacetabulären Impingement (FAI) versteht man ein zu frühes Anschlagen vom Kopf-Schenkelhals mit dem vorderen Acetabulumrand. Es wird unterschieden zwischen einem CAM-Impingement (CAM = Nockenwelle) und dem Pincer-Impingement (Pincer = Greifzange). Beim CAM-Impingement ist die Formstörung am Kopf-Schenkelhals im Sinne einer Ovalität (Abb.1) des Femurkopfes.
Beim Pincer-Impingement ist die Formstörung am Acetabulum im Sinne einer zu starken globalen oder anterioren Einfassung (acetabuläre Retroversion mit prominentem vorderem Acetabulumrand). Häufig besteht eine Kombination dieser beiden Formstörungen. Bei allen Patienten mit einem FAI sollte zudem die femorale Torsion bestimmt werden. Dies kann mit dem MRI oder dem CT gemessen werden.
Eine femorale Retrotorsion kann zu einem Impingement führen ohne eine gleichzeitige grössere CAM- oder Pincer-Komponente. Die femorale Retrotorsion kann nicht alleinig mittels Hüftarthroskopie adressiert werden und es benötigt eine zusätzliche antevertierende, meist subtrochantäre Rotationsosteotomie.
Das FAI schädigt zuerst das anterosuperiore Labrum und im Anschluss auch den anterosuperioren Knorpel. Klinisch haben diese Patienten typischerweise Schmerzen in der Leistengegend bei Stop-and-go-Sportarten oder manchmal auch schon beim längeren Sitzen.
Hüftdysplasie
Die Hüftdysplasie ist schon seit vielen Jahrzehnten bekannt als Ursache für eine frühere Coxarthrose-Entwicklung.Als Hüftdysplasie wird eine ungenügende knöcherne Einfassung des Femurkopfes verstanden. Die acetabuläre Tragezone des Femurkopfes ist vermindert und schräg, was den acetabulären Knorpel im Erkerbereich überlastet und mehr beansprucht. Weitere typische Zeichen sind die Labrumhypertrophie und später der Labrumriss, welcher aufgrund der Überlastung geschieht.
Klinisch leiden diese Patienten unter Hüftschmerzen, vor allem bei Belastung oder beim längeren Stehen und Gehen. Mittels einer periacetabulären Osteotomie kann das Acetabulum mit 4 gezielten Schnitten unter Erhalt des hinteren Pfeilers beweglich gemacht und in die ideale Position geschwenkt und verschraubt werden.1 Meist wird so auch der lateralste Anteil (der Anteil, der häufig bereits Knorpelschäden hat) aus der Tragezone weggeschwenkt und somit braucht es keine weitere gleichzeitige Knorpelchirurgie.
Eine gleichzeitige Knorpelchirurgie und periacetabuläre Osteotomie werden nur in seltenen Einzelfällen durchgeführt. Eine vorgängige Hüftarthroskopie, um das Labrum und die CAM-Deformität zu adressieren (ggf. auch Knorpelchirurgie anzuwenden), wird von einigen Autoren mit guten Ergebnissen durchgeführt. Dies hat sich als Standard aber nicht durchgesetzt.
Femurkopfnekrose / subchondrale Fraktur
Die Femurkopfnekrose ist eine Erkrankung des Femurkopfes. Es entsteht eine lokale Durchblutungsstörung des Femurkopfes und daraus folgend eine aseptische Knochennekrose, die in einem fortgeschrittenen Stadium zu einer subchondralen Fraktur führen kann. Am häufigsten sind Männer im Alter zwischen 30 und 50 Jahren betroffen. Die genaue Pathogenese ist bis heute nicht vollständig verstanden. Die häufigsten Risikofaktoren sind Cortisonbehandlungen im Rahmen anderer Erkrankungen, Alkoholabusus, gewisse Chemotherapeutika und seltenere Stoffwechselerkrankungen oder Medikamente wie die antivirale Therapie bei HIV.
Die typische Klinik ist ein artikulärer meist belastungsabhängiger Hüftschmerz. Die Therapie richtet sich nach dem Patientenalter und dem Stadium. Eine operative gelenkserhaltende Therapie wird bei jungen Menschen nach fehlgeschlagener konservativer Therapie erwogen und kann nur noch in Ausnahmefällen beim Stadium 3 nach Ficat-Arlet (Einbruch der Kopfkontur) durchgeführt werden. Anfangs ist der Knorpel über dem Nekroseareal noch intakt, aber mit der Zeit weicht er auf, weil der subchondrale Halt fehlt und so der darüberliegende Knorpel Schaden nimmt.
Die chirurgische Therapie hat einerseits zum Ziel, die betroffene Zone aus der Tragezone zu schwenken (mittels Umstellungsosteotomien), um ein Einbrechen zu verhindern, und andererseits kann das betroffene Gebiet auch knorpelchirurgisch angegangen werden. Ob eine Umstellungsosteotomie alleine oder eine Knorpelchirurgie alleine oder die Kombination dieser beiden Techniken zur Anwendung kommt, muss in jedem Fall individuell abgewogen werden. Die Knorpelchirurgie am Femurkopf benötigt die Technik der chirurgischen Hüftluxation.
Morbus Perthes-Legg-Calvé
Kurz meist Morbus Perthes genannt, ist dies eine in Stadien verlaufende Krankheit mit Nekrose und Reparatur- bzw. Revaskularisationsvorgängen des Hüftkopfes bei Kindern im Alter von ca. 4–8 Jahren. Die Ätiologie dieser Durchblutungsstörung ist nicht vollständig geklärt. Es besteht eine familiäre Häufung. Ob Umgebungsfaktoren wie z.B. die Ernährung, pränatale Einflüsse, Mikrotraumata oder eine Hyperkoagulabilität eine Rolle spielen, wird debattiert.
Auf die kinderorthopädische chirurgische Therapie gehe ich hier nicht ein. Im jungen Erwachsenenalter können sich Patienten mit einer stattgehabten Morbus-Perthes-Erkrankung sehr unterschiedlich präsentieren. Bei bestehenden Knorpelschäden muss dann im individuellen Fall entschieden werden, welche zusätzlichen biomechanisch ungünstigen Faktoren (häufig Hüftdysplasie, Coxa magna mit hochreitendem Trochanter major) chirurgisch angegangen werden müssen. Da bei praktisch all diesen Patienten sowieso eine chirurgische Hüftluxation benötigt wird, kann auch gleichzeitig eine der Grösse entsprechende Knorpeltherapie durchgeführt werden.
Epiphysiolysis capitis femoris
Unter einer Epiphysiolysis capitis femoris versteht man ein Abrutschen des Femurkopfes in der Wachstumsfuge. Der Häufigkeitsgipfel ist bei 8–15 Jahren. Es bestehen typische Schmerzen in der Hüfte (manchmal auch nur im Knie) und eine eingeschränkte Innenrotationsfähigkeit. Die Einteilung erfolgt in akut/chronisch/akut auf chronisch und stabil/instabil. Je nach Abrutschwinkel wird eine In-situ-Verschraubung oder eine offene Reposition und Schraubenfixation durchgeführt.
Auch bereits milde Formen mit kleinem Abrutschwinkel können zu Knorpelschäden am Acetabulum führen. Deswegen konnte gezeigt werden, dass eine gleichzeitige oder zeitlich wenig verzögerte Hüftarthroskopie und Korrektur der entstandenen CAM-Deformität aufgrund des abgerutschten Femurkopfes zu guten klinischen 5‑Jahres-Resultaten führt ohne relevante neu entstandene Knorpelschäden. In diesem jungen Alter dieser Patientengruppe muss meist keine gleichzeitige Knorpeltherapie durchgeführt werden.
Osteochondritis dissecans der Hüfte
Die Osteochondritis dissecans der Hüfte ist eine Rarität. Es gibt sehr wenige Case-Reports über dieses Krankheitsbild. Zudem gibt es Überlappungen bei Patienten mit einer gleichzeitigen Perthes-Krankheit in der Literatur, sodass eine genaue Angabe der Häufigkeit nicht möglich ist.10
Trauma
Auf die traumatischen Ereignisse, die zu Knorpelschäden führen, gehe ich in diesem Artikel nicht ein.
Diagnostik
Ein Standardröntgenbild mit einer Beckenübersichts- und axialen Aufnahme ist immer notwendig. Um Knorpelschäden zu diagnostizieren, hat sich ein Arthro-MRI mit der besten Sensitivität und Spezifität durchgesetzt. Trotzdem werden immer noch einige Knorpelschäden unterschätzt, was die präoperative Entscheidungsfindung erschwert.
Chondrolabraler Flap-Repair
Eine sehr häufige Situation während einer Hüftarthroskopie ist ein gerissenes anterosuperiores Labrum und ein etwas aufgeweichter acetabulärer Knorpel im gleichen Sektor im Sinne eines sogenannten Teppichphänomens. In solchen Situationen muss grundsätzlich am Knorpel kein chirurgisches Verfahren angewendet werden. Viel wichtiger für ein gutes Outcome ist die perfekte Korrektur der Deformität.
Relativ häufig trifft man aber auch auf eine Labrumläsion mit gleichzeitiger Knorpeldelamination. Ist die Knorpeldelamination gross (hier gibt es kein Cut-off in der Literatur), macht es Sinn, eine Knorpel-Labrum-Naht mit Fadenankern durchzuführen. Zu beachten ist jedoch, dass der Knorpel einreissen kann und man so keine stabile Refixation hinterlässt. Aus diesem Grund benutzen manche Autoren Fibrinkleber, um die Knorpeldelamination am anterosuperioren Acetabulum zu fixieren. Als Standard hat sich diese Technik mit dem Fibrinkleber aber nicht durchsetzen können.
Mikrofrakturierung
Die einfachste und am meisten etablierte Form der Knorpelchirurgie ist die Mikrofrakturierung. Sie kann während einer Hüftarthroskopie bei höhergradigen Knorpelschäden am Acetabulum und gewissen Regionen des Femurkopfes entweder mit gebogenen Hülsen für die kleinen Bohrungen oder mit gebogenen Ahlen angewendet werden.
Wie hoch der Nutzen ist, ist nicht eindeutig belegt, weil es keine Langzeitresultate gibt. Vergleichsstudien von alleiniger Hüftarthroskopie mit Impingementchirurgie mit und ohne Mikrofrakturierung bei Knorpelschäden gibt es ein paar wenige und die zeigen keinen Unterschied oder sogar ein weniger gutes Resultat für die Mikrofrakturierungsgruppe.
Letztendlich zeigen alle Studien mit einem längeren Follow-up, dass Patienten mit höhergradigen Knorpelschäden ein schlechteres Outcome haben und früher eine Hüfttotalprothese eingesetzt werden muss. Das Alter spielt ebenfalls eine Rolle, ist aber als prognostischer Faktor für ein gutes Langzeitoutcome weniger entscheidend als der präoperative Knorpelzustand der Hüfte.
Einzelne Fallserien gibt es zu einer kombinierten Technik mit Mikrofrakturierung und gleichzeitiger kollagen- oder chitosanbasierter Augmentation, um die Knorpelregeneration zu verbessern.
Autologe matrixinduzierte Chondrogenese (AMIC) mit oder ohne Spongiosa
Für acetabuläre Knorpelschäden kann diese Technik arthroskopisch angewendet werden. Mit der AMIC-Technik hat man bereits einige Erfahrung gesammelt und es scheint eine vielversprechende Technik für grössere Knorpeldefekte von 2 cm² und mehr zu sein.
Es wird zuerst der kaputte Knorpel komplett débridiert und entfernt, mikrofrakturiert und im Anschluss wird die Matrix darübergelegt und mit Fibrinkleber fixiert. So können die pluripotenten Zellen aus dem Blut eine hyalinähnliche Knorpelschicht bilden. In einer Arbeit von Fontana wurden über 200 Patienten mit Knorpelschäden von 2–4 cm² auf diese Weise arthroskopisch therapiert mit guten 5‑Jahres-Resultaten.
Für femorale Knorpelschäden von >2 cm² wird diese Technik über eine chirurgische Hüftluxation mit zufriedenstellenden Resultaten angewendet.
Die Vorteile der AMIC-Plastik sind die relativ einfache und sichere Handhabung sowie die einzeitige Technik, die acetabulär auch arthroskopisch möglich ist. Zudem kann bei osteochondralen Defekten auch Spongiosa angelagert und die Technik so immer noch angewendet werden. Der Nachteil ist, dass trotzdem kein vollständig hyaliner Knorpel entsteht, was letztendlich das Ziel jeder Knorpelchirurgie wäre.
Minced-cartilage-Technik
Die Minced-cartilage-Technik ist eine neuere einzeitige Knorpelchirurgietechnik mit vielversprechenden Kurzzeitresultaten, die in der Kniechirurgie gezeigt wurden.
Die Technik besteht darin, dass instabile Knorpelanteile oder Knorpel vom Rand der Läsion mit dem Shaver oder einer Kürette weggenommen und gesammelt werden. Falls es zu wenig hat, können auch peripher bei der Kopf-Schenkelhals-Taillierung am Femurhals weitere Knorpelanteile gesammelt werden.
Die gesammelten Knorpelstückchen werden danach in ca. 1mm grosse Knorpelstücke zerkleinert (minced) und mit autologem konditioniertem Plasma augmentiert. Im Anschluss wird diese Knorpelmasse in den Defekt einmodelliert und mit autologem Fibrin versiegelt. In Arbeiten von Craig et al. und Zimmerer et al.wird beschrieben, dass bis 6 cm² grosse acetabuläre Defekte so arthroskopisch behandelt werden können.
Diese Technik kann für grössere femorale Defekte ebenfalls über eine chirurgische Hüftluxation angewendet werden. Die Vorteile sind das einzeitige Vorgehen und die theoretische Entstehung von hyalinähnlichem Knorpel. Da diese Technik neu ist und es keine Langzeitresultate gibt, bleibt abzuwarten, was weitere Studien mit dieser vielversprechenden einzeitigen Knorpelchirurgietechnik zeigen werden.
Osteochondrales Autograft-Transfer-System (OATS=Mosaikplastik)
Die OATS-Technik wird vor allem für osteochondrale Läsionen der Grösse von 1–8 cm² verwendet. Grössere Defekte sind nicht sinnvoll mittels dieser Technik zu reparieren, weil die Donorsite-Morbidität dann zu hoch wird. Es werden Knochen-Knorpel-Zylinder entweder vom Knie (lateraler Femurkondylus) oder in der Hüftchirurgie häufig am Kopf-Schenkelhals entfernt und in den Defekt eingepasst (transplantiert).
Der Vorteil dieser Technik ist, dass man direkt im Defekt einen hyalinen Knorpel hat und dass sie eine einzeitige Technik ist. Nachteile sind die Donorsite-Morbidität und die Tatsache, dass nicht der gleiche Knorpel transplantiert wird. Es wird ein Knorpel von einer nicht tragenden auf eine belastete Region transplantiert. In einem kürzlich erschienenen Review von Athanasiou et al.wurden 51 Patienten gefunden, die mittels OATS bei femoralen Knorpelschäden in fast allen Fällen offen behandelt wurden. Zusammenfassend zeigten sich gute kurz- und mittelfristige klinische Ergebnisse. Langzeitresultate, Vergleichsstudien und Studien mit postoperativen MRIs fehlen jedoch.
Osteochondrale Allografts
Dies wird nur für spezielle, sehr grosse Defekte durchgeführt und sehr selten angewendet. In diesem Artikel gehe ich auf diese Technik nicht weiter ein.
Autologe Chondrozytenimplantation (ACI) und matrixinduzierte autologe Chondrozytenimplantation (MACI)
Diese beiden Techniken benötigen zwei Operationen. In der ersten wird Knorpel typischerweise im Bereich des Kopf-Schenkelhalses gesammelt. Der gesammelte Knorpel wird zusammen mit autologem Blut dann im Labor gezüchtet und kann in einer zweiten Operation in den femoralen oder acetabulären Defekt eingesetzt werden. Heutzutage kommt fast nur noch die MACI-Technik zur Anwendung, weil das Einsetzen des gezüchteten Knorpels mit einer Matrix einfacher geht und nur noch mit Fibrin fixiert wird anstatt mühsam mit Nähten.
Eine Arbeit von Thier et al. hat 29 Patienten mit acetabulären Knorpelschäden arthroskopisch mit einer MACI-Technik operiert und zeigte gute klinische 19-Monats-Ergebnisse. Eine weitere Studie von Fontana aus dem Jahre 2012 zeigte im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die nur débridiert wurde, nach ca. 5 Jahren bessere Resultate bei 15 Patienten mit Defekten ≥2 cm², die mit einer zweizeitigen ACI-Technik operiert wurden. Aufgrund des grossen Aufwandes, der Kosten und der sehr wenigen Arbeiten in der Literatur hat sich diese Technik in der Hüftchirurgie nicht durchsetzen können.
Zusammenfassung / Take-Home-Message
Bei Knorpelschäden am Hüftgelenk sollten immer gleichzeitig die mechanische Ursache und Begleitverletzungen (meist Labrumschäden) angegangen werden. Gibt es keine offensichtliche mechanische Ursache, wird die sinnvollste Technik der Knorpelchirurgie entsprechend der Grösse des Defektes und dem Alter des Patienten adressiert.
Die häufigste Knorpelläsion am Hüftgelenk besteht anterosuperior am Acetabulum aufgrund der mechanischen Überlastung beim FAI. Hier kann meist der schlechteste Anteil im Rahmen einer Hüftarthroskopie mit einer anterosuperioren Pfannenrandtrimmung entfernt und das Labrum refixiert werden. So braucht es keine Knorpelchirurgie, sondern lediglich eine Labrumrefixation.
Bei grösseren Knorpeldelaminationen am anterosuperioren Acetabulum kann die Knorpeldelamination arthroskopisch angenäht werden, mit oder ohne vorgängige Mikrofrakturierung und mit oder ohne Fibrinkleber. Über dieses Thema sind nur wenige Fallserien publiziert und keine vergleichenden Studien vorhanden, die dieses Vorgehen etablierten.
Bei noch grösseren Knorpelschäden (über 1,5 oder 2 cm²) empfiehlt es sich, eine chirurgische Hüftluxation durchzuführen, um eine ideale Sicht auf den Schaden zu bekommen. Dann kommen nebst der Mikrofrakturierung die Minced-cartilage-Technik und die AMIC-Plastik zur Anwendung.
Besteht ein femoraler Knorpelschaden, benötigt es ebenfalls eine chirurgische Hüftluxation und hier wird je nach Grösse eine Minced-cartilage-Technik oder eine AMIC-Plastik (mit oder ohne Spongiosaauffüllung) durchgeführt.
Generell muss in jedem individuellen Fall abgewogen werden, was für den Patienten das sinnvollste ist. Dies ist abhängig vom Knorpelschaden (Grösse und Lokalisation), vom Alter und vom Anspruch des Patienten.
Fallbeispiel eines posterosuperioren Knorpelschadens am Hüftkopf
Im in Abb. 2–4 gezeigten Fall handelt es sich um einen 33-jährigen sportlichen Patienten mit typischen belastungsabhängigen inguinalen Hüftschmerzen rechts. Es bestanden keine Risikofaktoren für eine Femurkopfnekrose. Im Röntgenbild zeigten sich wenig Auffälligkeiten, ein normaler CE-Winkel ohne acetabuläre Retroversion und lediglich eine leichte CAM-Deformität. Die Ätiologie dieses Knorpelschadens ist nicht vollständig geklärt. Begonnen hat es mit einem Bagatelltrauma und in den ersten MRI-Aufnahmen wurde eine Femurkopfnekrose diagnostiziert. Die typischen girlandenähnlichen Veränderungen konnten aber nicht gefunden werden.
Im Verlauf (nach 6 Monaten) zeigte sich diese zystische Veränderung im Femurkopf, die im CT gut dargestellt wurde (Abb. 2). Im MRI zeigte sich ein praktisch vollständig regredientes Ödem und der Knorpelschaden über der zystischen Läsion (Abb. 3). Gleichzeitig bestanden ein CAM-Impingement und ein Labrumriss anterosuperior. Parafoveale Knorpelschäden wurden von Zaltz et al. bereits beschrieben; sie können im Rahmen eines FAI auftreten und sind möglicherweise mechanisch bedingt.
Die Indikation für eine Operation war nach fehlgeschlagener konservativer Therapie gegeben. Therapeutisch habe ich eine chirurgische Hüftluxation gewählt, um die CAM-Deformität, den Labrumriss und den Knorpelschaden zu adressieren. Im intraoperativen Bild (Abb. 4a) sehen Sie den eingedrückten defekten Knorpel.
Dieser wurde ausgeschnitten und angefrischt und die subchondrale Zyste ausgekratzt. Es erfolgten die Mikrofrakturierung mit einem 1,6‑mm-Spickdraht und die Anlage von Spongiosa aus dem Trochanter major. Im Anschluss wurde eine AMIC verwendet, perfekt adaptiert, angenäht und mit Fibrin versiegelt (Abb. 4b). Gleichzeitig wurden die CAM-Deformität korrigiert und das Labrum refixiert. Fast unmittelbar nach der Operation war der störende inguinale Hüftschmerz verschwunden und der Patient konnte nach 12 Wochen schmerzfrei wieder seinen sportlichen Aktivitäten nachgehen.
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