Hüftdysplasie
Die Hüftdysplasie ist eine Fehlform der Hüftpfanne mit ungenügender knöcherner Einfassung des Hüftkopfes. Die Tragezone der Hüftpfanne ist dadurch nicht horizontal sondern schräg und deswegen wird der Pfannenerker mehr belastet was zu einer Veränderung der Gelenkslippe führt (sie wird grösser, degeneriert und reisst ein). Die Hüftdysplasie kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein.
Die Extremform, ist die Hüftluxation, welche bereits bei der Geburt vorhanden sein kann. In der Schweiz wird die Ultraschalluntersuchung der Säuglingshüfte bereits seit Jahrzehnten durchgeführt. Als Screening Methode wurde sie seit Ende der 90-er Jahren als Pflichleistung der Krankenversicherung aufgenommen. So können bei Hüften mit einer Dysplasie Therapien (z.B. breites Wickeln) in die Wege geleitet und die Dysplasie häufig erfolgreich konservativ behandelt werden.
Hüftdysplasie: Fehlform der Hüftpfanne
Symptome
Häufig beginnen Schmerzen an der Hüftaussenseite aufgrund einer Überlastung der Hüftabduktoren-Muskeln. Die Beschwerden können aber gleichzeitig oder nur in der Leiste vorkommen aufgrund des überlasteten Pfannenerkers und der dortigen meist eingerissenen und vergrösserten Gelenkslippe (Labrum). Diese Schmerzen treten anfangs nur bei Belastung und später auch beim längeren Gehen und Stehen oder bereits in Ruhe beim Sitzen auf.
Ursache
Interessanterweise ist die Hüftdysplasie in afrikanischen Ländern und Naturvölkern nicht existent. Man führt das darauf zurück, dass die Neugeborenen breit gewickelt und ständig mit gespreizten Beinen getragen werden. Das Verhältnis von Mädchen zu Jungen ist 4:1 und eine familiäre Häufung ist bekannt. Weitere Risikofaktoren für eine Hüftdysplasie sind: Fruchtwassermangel während der Schwangerschaft und die Steisslage des ungeborenen Kindes.
Fallbeispiele
Röntgenbild eines 25-jährigen Patienten mit einer Hüftdysplasie links. Deutlich verminderte knöcherne Pfanneneinfassung.
Konservative Therapie
Die konservative Therapie dient dazu mit gezielter Physiotherapie die umliegende Muskulatur zu optimieren. Die seitliche bereits überlastete Muskulatur (die Hüftabduktoren) muss gekräftigt und auch gedehnt werden mit verschiedenen Übungen. Weiter können nicht entzündliche Schmerzmittel und Kortisoninfiltrationen gelegentlich viele Monate eine Besserung bringen. Ursächlich kann aber nur eine Operation die Hüftdysplasie beheben.
Operative Therapie
Ist die konservative Therapie ausgeschöpft und der Leidensdruck so hoch, dass Sie ihre Hüfte kaum mehr belasten oder dem Beruf / Sport nachgehen können ist die Indikation zur Operation, der sogenannten periacetabulären Osteotomie (PAO) gegeben. Es werden als erstes gezielte Knochenschnitte (Osteotomien) um die Hüftpfanne durchgeführt, danach kann man die Hüftpfanne in die korrekte Position bringen und festschrauben. Der klassische Fall ist eine ca. 20-jährige weibliche Patientin.
In diesem jungen Alter ist eine Hüft-Totalprothese selbstverständlich keine sinnvolle Option und in aller Regel ist die PAO die korrekte und auch eine sehr zuverlässige Operation um das Problem ursächlich kurz und langfristig zu lösen. Eine Entwicklung einer Hüftarthrose kann dadurch komplett verhindert oder zumindest hinausgezögert werden.
Gelegentlich kann mittels einer Hüftarthroskopie in grenzwertigen Hüftdysplasien eine Besserung erreicht, dies bedarf einer sorgfältigen Evaluierung.
Periacetabulären Osteotomie (PAO)
Schweizer Innovation
Die periacetabuläre Beckenosteotomie hat das Ziel die knöcherne Kopfeinfassung zu verbessern (bei Hüftdysplasie) oder das gesamte Acetabulum nach vorne zu schwenken (bei Patienten, die eine nach hinten gerichtete Pfanne haben). Schon Ende der 1980er Jahren wurde diese Technik durch Prof. Reinhold Ganz (damaliger Chefarzt Orthopädie am Inselspital Bern) erfunden und seitdem wurde sie verfeinert und optimiert.
Im Gegensatz zu bereits viel früher durchgeführten anderen Beckenosteotomien, welche v.a. bei Kindern mit Hüftdysplasie durchgeführt wurden, hat die PAO den Vorteil, dass der hintere Pfeiler (der hintere knöcherne Anteil der Hüftpfanne) nicht durchtrennt wird. Dadurch ist die neue Position der Hüftpfanne sehr stabil und muss typischerweise nur mit 3 Schrauben fixiert werden. Bei jungen Patienten ohne Knorpelschäden sind die Langzeitresultate äusserst zuverlässig und gut. So kann eine Hüftarthrose deutlich verlangsamt oder gar verhindert werden.
Bei Patienten zwischen 40 und 50 Jahren ist es etwas anders, da muss man sich vergewissern, dass der Gelenksknorpel noch intakt und nicht bereits eine Hüftarthrose entstanden ist. Je stärker der Knorpel bereits geschädigt ist desto weniger gut ist die Prognose dieser gelenkserhaltenden Operation. Es braucht eine gute Aufklärung über dieses Krankheitsbild und eine ausführliche Beratung auch bezüglich des Operationszeitpunktes.
Normalerweise ist am Eintrittstag direkt die Operation, die ca. 90min dauert. Es ist zwingend eine Vollnarkose nötig, weil die Muskulatur maximal relaxiert werden muss.
Operationsschritte
Technisch wird ein Hautschnitt vorne über der Beckenschaufel durchgeführt. Danach wird werden die 4 nötigen Osteotomien (gezielte Knochendurchtrennungen) durchgeführt wobei die Muskulatur die Nerven und Gefässe geschont werden und der knöcherne hintere Pfeiler intakt belassen wird.
Im Anschluss wird nun frei bewegliche Hüftpfanne in die korrekte Position gebracht und provisorisch fixiert. Zwingend wird dann während der Operation die Position mit einem Röntgenbild oder einem Bildwandler kontrolliert und erst bei korrekter Stellung, meist mit drei Schrauben fixiert. Zum Schluss wird die Gelenkkapsel eröffnet und den Kopf-Schenkelhals tailliert und schichtweise sorgfältig wieder zugenäht.
Nachbehandlung
Der Hospitalisationsaufenthalt ist 4–6 Tage und die Nachbehandlung besteht aus einer Teilbelastung mit 15kg an zwei Gehstöcken für 8 Wochen und danach langsame Aufbelastung je nach Verlauf und Knochenheilung. Wichtig ist, dass die Patienten nicht rauchen in dieser Zeit der Knochenheilung. Nach ca. 14 Wochen darf wieder langsam mit leichten Sportarten begonnen werden.
Hüftarthroskopie
Schlüsselloch-Technik
Die Hüftarthroskopie wurde anfang der 2000er Jahre zunehmend durchgeführt weil dann das sogenannte Hüftimpingement ebenfalls erstmals beschrieben wurde. Es ist eine schonende minimal-invasive „Schlüsselloch-Technik“ die es erlaubt das Hüftgelenk durch kleine Hautschnitte zu spiegeln. Das hat den Vorteil einer rascheren Nachbehandlung und Zurückkehren in Alltag und Sport. PD Dr. med. Stefan Rahm ist ein ausgewiesener Spezialist auf diesem Gebiet mit mehreren 100 von ihm ausgeführten Hüftarthroskopien.
Der häufigste Grund eine Hüftarthroskopie durchzuführen ist ein Hüftimpingement. Andere Gründe sind Labrumschäden aufgrund eines sogenannten Pfannenrandsyndromes bei grenzwertiger Hüftdysplasie oder einer Überlastung des vorderen Pfannenrandes bei erhöhter femoraler Torsion.
In seltenen Situationen, mit einer stark verminderter femoraler Torsion (Verdrehung des Oberschenkels nach hinten), muss in der gleichen Sitzung der Hüftarthroskopie eine sogenannte subtrochantäre Rotationsosteotomie (gezielte Knochendurchtrennung unterhalb des kleinen Rollhügels vom Oberschenkel) durchgeführt werden um das Hüftimpingement ursächlich zu beheben.
Ist die Indikation gestellt und wurden alle Fragen mit Ihrem Operateur beantwortet wird ein Operationstermin zusammen festgelegt.
Normalerweise ist am Eintrittstag direkt die Operation, die ca. 90min dauert. Es ist zwingend eine Vollnarkose nötig, weil die Muskulatur maximal relaxiert werden muss.
Operationsschritte
Als erstes wird das zu operierende Bein in Streckung und sorgfältig auf Zug gebracht. So wird Platz geschaffen um im Hüftgelenk mit der Optik (Kamera) und Instrumenten zu arbeiten. Danach wird unter Kontrolle eines mobilen Röntgengerätes (Bildwandler) präzise und schonend die Optik ins Gelenk eingeführt. Dies über einen ca. 1cm kleinen Schnitt.
Weitere 3 ca. 1cm kleine Hautschnitte werden benötigt für das Operieren mit den Instrumenten, um zuerst die Gelenklippe optimal zu formen, ggf. Knochen an der Hüftpfanne abzutragen und dann die Gelenklippe anzunähen. Meist werden dazu 3 Knochenanker aus PEEK (Spezialkunststoff) verwendet.
Im Anschluss wird der Zug vom Bein gelockert und die Hüfte etwas in Beugung gebracht, um dann die CAM-Deformität zu begutachten und mit einer Knochenfräse zu korrigieren. Während der Operation kann immer wieder überprüft werden ob das zu frühe Anschlagen am Pfannenrand noch vorhanden ist mit dem Ziel, am Ende der Operation eine individuell perfekte Korrektur für den Patienten durchgeführt zu haben.
Nachbehandlung
Der Hospitalisationsaufenthalt beträgt in der Regel 2 Tage. Die Nachbehandlung besteht aus zwei Gehstöcken mit erlaubter Vollbelastung für 6 Wochen. In diesen ersten 6 Wochen benötigt der Patient einen Hometrainer (Fahrradergometer) und sollte ca. 3mal täglich für 15 min mit nur einem Führungswiderstand das Hüftgelenk durchbewegen.
Nach 6 Wochen gibt es eine Röntgenkontrolle beim Operateur und danach dürfen die Stöcke weggelassen werden und ein gezieltes Kraftaufbauprogramm mit Hilfe der Physiotherapie sollte beginnen.
Nach 12 Wochen darf mit dem Stop- und Go Sport langsam wieder begonnen werden.